Was ist unsere Theologie?
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Theologie im Alltag
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Theologie und die Gemeinde

Theologie, also die Wahrheit von Gott und über Gott, steht im direkten Zusammenhang mit dem Gemeindeleben. Jesus baut seine Gemeinde, indem er Jünger macht, die ihm folgen und die Wahrheit bekennen, nämlich dass er „der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“ (Mt 16,16) ist. Jünger sind diejenigen, denen Jesus Leben gibt, sodass sie seinen Weg nach seiner Wahrheit gehen können. Wie Jesus sagte: „Wenn ihr in meinem Wort bleibt, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger, und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen“ (Joh 8,31–32).

Im Missionsauftrag entsendet Jesus seine Jünger in die ganze Welt, um Jünger zu machen und seine Gemeinde zu bauen. Wie aber sollen sie alle Völker zu Jüngern machen? Jesu Antwort ist überraschend kurz: Sie sollen sie taufen und lehren. Wenn diese Worte Jesu nicht so bekannt wären, würden wir uns vermutlich über diese Antwort wundern. Wir würden wahrscheinlich den Auftrag der Lehre erwarten, aber dass die Taufe in diesem einfachen Auftrag so wichtig ist, kommt eher unerwartet. Doch Überraschungen laden zur Reflexion und Meditation ein. Beim Nachdenken darüber erkennen wir, wie passend und hilfreich es ist.

Das Jüngermachen besteht also aus zwei Teilen: Es geht darum, a) Menschen hereinzubringen und b) Menschen aufzubauen. Jünger sind diejenigen, die durch die Taufe hereingebracht wurden und durch lebensverändernde Lehre aufgebaut werden.

Menschen durch die Taufe hereinbringen

Jesus lenkt unsere Aufmerksamkeit nicht nur auf die Taufe als Wasserzeremonie, sondern in einem weiteren Sinn auf alles, was die Taufe beinhaltet. Wir sehen das deutlich im Dienst Johannes des Täufers. Sein Täuferdienst beinhaltet das Predigen des Evangeliums (Lk 3,18), die Aufforderung zur Buße (Vers 3) und ein Beharren auf den Früchten der Buße (Vers 8). Taufe beinhaltet sowohl die Lehre von Gottes Versprechen als auch die Aufforderung zur angemessenen Antwort auf diese Versprechen. Die Taufe bringt Jünger herein und beruft sie zu einem Leben im Glauben.

In diesem Sinne ist die Taufe das Fundament eines Jüngers, weil die Taufe die Versprechen Gottes bestätigt und den Glauben und die Hingabe für Gott von den Getauften verlangt. Das zentrale Versprechen Gottes gegenüber den Sündern in der Taufe ist, dass Gott ihre Sünde reinwaschen und ihnen vergeben wird. Im Missionsauftrag sagt Jesus den Jüngern, dass sie im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes taufen werden und zeigt damit, dass das Taufversprechen vom dreieinigen Gott kommt und von der Dreieinigkeit garantiert wird.

Die Taufliturgie der Niederländischen Reformierten Kirchen aus dem 16. Jahrhundert, welche dort über Jahrhunderte hinweg verwendet worden ist, geht näher auf die bezeichnenden Rollen und Versprechen ein, die sich auf die jeweilige Person der Dreieinigkeit beziehen. Diese Liturgie verkündet, was Taufe bedeutet und was sie dem Volk Gottes verspricht, nicht was das Taufwasser in jeder getauften Person erreicht. In der Taufe verspricht Gott, der Vater, dass er „einen ewigen Gnadenbund mit uns schließt und uns als seine Kinder und Erben adoptiert“. In der Taufe verspricht Gott, der Sohn, dass er „uns mit seinem Blut reinwäscht von all unserer Sünde und uns in die Gemeinschaft seines Todes und seiner Auferstehung aufnimmt, sodass wir von unseren Sünden befreit sind und vor Gott gerecht gesprochen sind“. In der Taufe verspricht Gott, der Heilige Geist, dass er „in uns wohnt und uns heiligt, bis wir schließlich ohne Makel in der Versammlung der Auserwählten in der Ewigkeit präsentiert werden“. Diese Versprechen in der Taufe verkünden das Herz und den Mittelpunkt unserer Hoffnung im Evangelium. Taufe ist nicht nur eine äußerliche Zeremonie oder nur der Akt einer Kirche oder eines Gläubigen. Sie ist zuerst „ein sichtbares Wort“, welches das gepredigte Wort des Versprechens des Evangeliums zum Ausdruck bringt, wie wir im Markusevangelium 1,4 lesen: „So begann Johannes in der Wüste, taufte und verkündigte eine Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden.“

In dieser Niederländischen Reformierten Taufliturgie ist die Theologie der Taufe für die Gemeinde dargelegt. Sie zeigt die Bedeutung der Taufe von Gottes Seite in den verkündeten Versprechen, aber sie zeigt auch die Seite der Menschen in dem Ruf zur Hingabe. Dieser Ruf zur Hingabe ist eindringlich formuliert:

„Alle Bünde bestehen aus zwei Teilen. Deshalb ermahnt und verpflichtet uns Gott durch die Taufe zu neuem Gehorsam, nämlich, dass wir dem einen Gott, Vater, Sohn und Heiligen Geist anhaften; dass wir ihm vertrauen und ihn mit all unserem Herzen, all unserer Seele, all unserem Denken und all unserer Kraft lieben; dass wir der Welt entsagen, unsere alte Natur kreuzigen und in einem gottgefälligen Leben wandeln. Und wenn wir manchmal durch Schwäche in Sünde verfallen, dürfen wir weder an Gottes Barmherzigkeit zweifeln, noch in der Sünde verweilen, denn die Taufe ist ein Siegel und zweifellos Zeugnis dafür, dass wir einen ewigen Bund mit Gott haben.“

Jünger zu sein heißt, zuerst die Versprechen zu hören und sie dann zu glauben und auszuleben.

Die Taufe verbindet uns notwendigerweise mit der Gemeinde. Sie ist nie nur individuell, weil sie von jemandem durchgeführt wird. Stattdessen geschieht die Taufe von der Gemeinde aus, die auch wieder das Ziel der Taufe ist. Das Leben als Christ ist kein einzelgängerisches Leben, sondern wird in der Glaubensgemeinschaft gelebt. Christus baut seine Gemeinde und wir sind dazu berufen, Mitglieder dieser zu sein, nicht nur formell, sondern als Schlüsselrolle in unserem Leben als Jünger.

Menschen durch Lehre auferbauen

Neben der Taufe trägt Jesus uns auf, zu lehren, um Gottes Nachfolger zu erbauen. Während seinem Dienst auf der Erde lehrte Jesus seine Jünger, was sie wissen und wie sie für ihn leben sollten. Seine Jünger setzten diese Arbeit der Lehre in seiner vollen Autorität fort. Jesu Lehren, die er selbst verkündete und die durch die Apostel weitergegeben wurden, sind in der Heiligen Schrift erhalten geblieben. Die Gemeinde, die Christus treu folgt, lehrt seine Theologie auf Grundlage der Bibel, damit Christen die Wahrheit kennen und leben.

Solch eine Lehre ist ein großes Unterfangen. Jesus ruft seine Gemeinde nicht dazu auf, grundlegende Wahrheit oder etwas von der Wahrheit oder sogar vieles von der Wahrheit aus Gottes Wort zu lehren. Er beauftragt uns, alles, was er befohlen hat, zu lehren. Wir mögen Wahrheiten priorisieren, aber wir haben kein Recht, irgendwelche zu eliminieren. Er beruft uns zu einem umfangreichen Wissen seines Willens und zu einem Leben in Fülle, das ihm geweiht ist.

Kirchengemeinden setzen sich großer Gefahr aus, wenn sie die Lehre der Bibel verfälschen. Sie können das durch Ablehnung, Verzerrung, Ignoranz oder Ergänzung von Jesu Lehre tun. Liberal ausgerichtete Kirchengemeinden beseitigen Lehren, die ihrer Ansicht nach intellektuell oder moralisch gesehen inakzeptabel sind. Evangelikal ausgerichtete Kirchengemeinden haben zu oft versucht, das Christentum attraktiver für Nichtchristen zu gestalten, indem sie ein vereinfachtes oder modernisiertes Evangelium predigen. Konträr dazu haben traditionell ausgerichtete Kirchengemeinden versucht, umfassend biblisch in ihrer Lehre zu sein, was sich in ihren Bekenntnisschriften, geprägt von Dogmatik und Ethik, zeigt.

In der Gemeinde sind sowohl die Prediger als auch die Gemeindemitglieder für eine fundierte Lehre verantwortlich. Verkündiger müssen gewissenhaft planen, was sie lehren und wie sie auf eine Art kommunizieren, die die Gemeinde erbaut. Das Wort Gottes ist für die Gemeinde der Aufbewahrungsort der Wahrheit und Prediger müssen sie lehren. Sie müssen dem Druck widerstehen, Entertainer oder Populärpsychologen zu werden.

Das Volk Gottes hat daneben eine wichtige Aufgabe, insbesondere in einer demokratischen Kultur: Sie müssen ihre Lehrer ermutigen, Gottes gesamte Weisung zu lehren und eifrig solche Lehre suchen und unterstützen, sonst wird die Gemeinde ernsthaft unreif bleiben. Paulus warnte die Korinther:

„Und ich, meine Brüder, konnte nicht mit euch reden als zu geistlichen, sondern als zu fleischlichen [Menschen], als zu Unmündigen in Christus. Milch habe ich euch zu trinken gegeben und nicht feste Speise; denn ihr konntet sie nicht vertragen, ja ihr könnt sie auch jetzt noch nicht vertragen, denn ihr sein noch fleischlich.“ (1Kor 3,1–3)

Dasselbe Argument wird im Hebräerbrief angebracht:

„Über ihn haben wir viel zu sagen, und zwar Dinge, die schwer zu erklären sind, weil ihr träge geworden seid im Hören. Denn obgleich ihr der Zeit nach Lehrer sein solltet, habt ihr es wieder nötig, dass man euch lehrt, was die Anfangsgründe der Aussprüche Gottes sind; und ihr seid solche geworden, die Milch nötig haben und nicht feste Speise. Wer nämlich noch Milch genießt, der ist unerfahren im Wort der Gerechtigkeit; denn er ist ein Unmündiger. Die feste Speise aber ist für die Gereiften, deren Sinne durch Übung geschult sind zur Unterscheidung des Guten und des Bösen.“ (Hebr 5,11–14)

Unreife Gemeinden und unreife Christen sind immer noch im Fleisch gefangen und sind schwerhörig geworden. Die reife Gemeinde hört das Wort eifrig, um zu lernen und um in Unterscheidung und Gerechtigkeit geschult zu werden. Die Gemeinde braucht Theologie, um zu Jüngern zu machen, sowohl diejenigen, die in die Gemeinde hereingebracht werden, als auch diejenigen, die Auferbauung in der Wahrheit benötigen.

Jesu Missionsauftrag, Jünger zu machen, wird erst dann erfüllt sein, wenn alle von Gott Auserwählten in die Gemeinde hineingebracht worden sind. Wir haben viel zu tun in schwierigen Umständen. Aber wir haben das große Versprechen von Jesus, uns in unserer Berufung aufrechtzuerhalten: „Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Weltzeit“ (Mt 28,20).


Dieser Artikel wurde ursprünglich in der Zeitschrift Tabletalk veröffentlicht.

W. Robert Godfrey
W. Robert Godfrey
Robert Godfrey ist ein Lehrer und Vorsitzender bei Ligonier Ministries. Er ist emeritierter Präsident und emeritierter Professor für Kirchengeschichte am Westminster Seminary California (USA).