Braucht Gott ein Sühneopfer?
September 20, 2022Das Wort Gottes als Mittel der Gnade
September 30, 2022Was sind die Gnadenmittel?
Eine kurze Übersicht über die meistverkauften christlichen Bücher zeigt, welche Themen für die Mehrheit bekennender Christen am wichtigsten oder am unwichtigsten sind. Themen wie der Sinn des Lebens, Finanzen, Persönlichkeit, Selbstachtung, Sprachen der Liebe und Beziehungsfragen dominieren die Liste. Bücher über den dreieinigen Gott, Christus, Sünde, das Evangelium, die Heilige Schrift, über das Predigen, die Sakramente, das Gebet, Gemeindezucht und die Ortsgemeinde fehlen schmerzlich. Da Jesus Christus und sein Erlösungswerk das Fundament unseres Glaubens bilden (1Kor 2,2; 3,11), sollte unsere hauptsächliche Sorge sein, wie wir in der Gnade und der Erkenntnis Christi wachsen können (2Petr 3,18). Unser Wachstum in der Gnade Christi wird Hand in Hand gehen mit unserem Gebrauch der Mittel, die Gott dafür vorgesehen hat. Theologen nennen diese Mittel „die Gnadenmittel“ (media gratia).
Die Gnadenmittel sind Gottes vorgesehene Instrumente, durch welche der Heilige Geist die Gläubigen befähigt, Christus und die Vorzüge der Erlösung zu empfangen. Gott hätte seinem Volk Christus sofort offenbaren können. Stattdessen geschieht dies durch bestimmte Mittel; Gott hat das Wort, die Sakramente und das Gebet als die wichtigsten Instrumente bestimmt, durch die er den Gläubigen Christus und seine Wohltaten mitteilt.
Das Wort, die Sakramente und das Gebet
Jesus lehrt, dass in erster Linie die Schriften das unverzichtbare Mittel der Errettung sind (Lk 16,31; 24,27.44–45). Das Predigen des Wortes Gottes war zentraler Bestandteil des Dienstes der Apostel (Apg 2,22.41; 4,4; 5,20; 6,7; 12,24; 15,7.32.36; 16,14; 19,20; 20,32). Paulus erklärt in Römer 10,17: „Also ist der Glaube aus der Verkündigung, die Verkündigung aber durch das Wort Christi.“ Die Apostel maßen dem Wort Gottes als dem Mittel der Errettung und der Heiligung der Gläubigen höchsten Wert zu (Kol 3,16; Hebr 5,14; Jak 1,18.21.25; 1Petr 2,2).
Die Schrift lehrt auch, dass Gott die Sakramente als Gnadenmittel vorgesehen hat. Paulus zieht die Verbindung zwischen der Taufe und der Gnade der Erlösung, wenn er schreibt: „[Gott] rettete uns … durch die Waschung der Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen Geistes“ (Tit 3,5). Er spricht vom Abendmahl und nennt dabei den „Kelch des Segens“ (1Kor 10,16). Die rettende Gnade wird den Gläubigen im Geist mitgeteilt, wenn sie im Glauben am Abendmahl teilnehmen. Im Gegensatz dazu werden jene, die in „unwürdiger Weise“ (d.h. im Unglauben) teilnehmen, Gegenstand des Gerichtes Gottes (1Kor 11,27–32).
Das Gebet ist gemäß der Schrift ebenfalls ein Gnadenmittel. Gott versprach all jenen Erlösung, die ihn im Glauben anrufen. Am Pfingsttag verkündete Petrus: „Und es wird geschehen: Jeder, der den Namen des Herrn anrufen wird, wird gerettet werden“ (Apg 2,21).
Die vorrangige Stellung des Wortes
Im kürzeren Westminster Katechismus finden wir eine hilfreiche Definition der Gnadenmittel. Dort heißt es:
„Die äußeren und ordentlichen Mittel, wodurch uns Christus die Erlösung vermittelt, sind seine Anordnungen, im Besonderen das Wort, die Sakramente und das Gebet, all das, was wirksam gemacht ist für die Erwählten zum Heil.“
(Kürzerer Westminster Katechismus, 88)
Wie werden die Gnadenmittel wirksam gemacht? Wie funktionieren sie? Sie funktionieren nicht von sich selbst aus (ex opere operato), was das Verständnis der Römisch-Katholischen Kirche ist. Stattdessen funktionieren sie durch den Geist Gottes in den Herzen der Erwählten durch den Glauben. Der kürzere Westminster Katechismus erklärt es in Frage 91 wie folgt:
„Die Sakramente werden wirksame Mittel zum Heil, nicht wegen einer Tugend in ihnen selbst, oder in dem, der sie darreicht, sondern nur durch das Segnen Christi und das Wirken seines Geistes in denen, die sie im Glauben empfangen.“
(Kürzerer Westminster Katechismus, 91)
Die Mitglieder der Westminster Versammlung glaubten jedoch nicht, alle Gnadenmittel seien gleichermaßen wirksam:
„Der Geist Gottes macht das Lesen, aber im Besonderen das Predigen des Wortes zu einem wirksamen Mittel zur Überführung und Bekehrung von Sündern, und um sie aufzubauen in Heiligkeit und Trost, durch Glauben zum Heil.“
(Kürzerer Westminster Katechismus, 89)
Der reformierte Theologe Gerhardus Vos begründete den Vorrang des Wortes über die anderen Sakramente, als er Folgendes schrieb:
„Nötigenfalls können wir uns das Wort als ein Gnadenmittel ohne zugehöriges Sakrament denken. Es ist jedoch unmöglich, sich irgendein Sakrament als Gnadenmittel zu denken ohne das Wort. Die Sakramente sind abhängig von der Schrift, und in ihnen und durch sie spricht die Wahrheit der Schrift.“
Ebenso wird das Gebet nur dann zu einem Gnadenmittel, wenn es durch die Wahrheit der Schrift geprägt wird. Der Heilige Geist nimmt das Wort und befähigt Gläubige, in Übereinstimmung mit Gottes Willen zu beten.
Wenn wir in der Gnade zunehmen sollen, dann müssen wir anerkennen, dass Gott gewisse Mittel für dieses Zunehmen vorgesehen hat. Wir sollten diese Mittel mit eifriger Vorfreude und im kindlichen Vertrauen auf den Einen ergreifen, der seinen Segen darauf legt. Und wir sollten voller Zufriedenheit im richtigen Gebrauch dieser Mittel ruhen, in dem Wissen, dass Gott versprochen hat, sie zu segnen, wenn wir sie mit bußfertigen und gläubigen Herzen gebrauchen.
Dieser Artikel wurde ursprünglich in der Zeitschrift Tabletalk veröffentlicht.