Glückselig sind die Friedfertigen
November 24, 2022Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen
Dezember 1, 2022Glückselig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden
Die Seligpreisungen beginnen mit inneren Haltungen, bei denen es um unsere Ausrichtung auf Gott geht: geistliche Armut, Trauer, Sanftmut und Hunger. Dann kommen Themen, die die zwischenmenschliche Ebene betreffen: Barmherzigkeit, Reinheit und Friedfertigkeit. Sie enden mit Matthäus 5,10, mit der unvermeidlichen Realität von Verfolgung und Anfeindungen (vgl. auch Mt 10,22; Joh 15,20). Doch dieses unerfreulich Unvermeidliche bringt mit sich die Verheißung, Anteil am göttlichen Leben zu bekommen. Und das ist es auch, was wahre „Glückseligkeit“ ausmacht: Gemeinschaft mit dem „glückseligen“ Gott (1Tim 1,11; 6,15; Tit 2,13).
Die Leiden, um die es hier geht, sind nicht einfach jene Dornen und Disteln, die uns seit dem Sündenfall zu schaffen machen (Röm 8,18–25). Es geht auch nicht um den Widerstand, der uns entgegenschlägt aufgrund von Heuchelei, Überheblichkeit oder weil wir uns einfach unausstehlich benehmen. Die Rede ist auch ganz bestimmt nicht von der imaginären Verfolgung, die aus einer gesteigerten Sensibilität resultiert und mehr mit Identitätspolitik zu tun hat als mit den Kosten der Nachfolge. Wir wagen es nicht, „Verfolgung“ solcherart zu trivialisieren – angesichts von Brüdern und Schwestern, die unter repressiven Regimes im Gefängnis sitzen oder durch die Hand von Extremisten sterben.
Das Leiden, das hier mit der Glückseligkeit versehen wird, ist ein Leiden um der Gerechtigkeit willen: verfolgt zu werden, weil wir den Willen unseres Meisters tun. Wenn die Verheißung dieser Seligpreisung für uns gelten soll, dann muss der Grund für die Verfolgung sein, dass wir seinen gerechten Willen umsetzen (1Petr 3,8–17). Nur dann gehört uns das „Reich der Himmel“. Diese Formulierung Matthäus’ ist gleichbedeutend mit „Reich Gottes“. Er möchte uns so daran erinnern, dass Gottes gerechte Herrschaft (im Himmel) etwas anderes ist als die Wege der Menschen (Jes 55,9). Diejenigen, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, leben Gottes Wege inmitten einer Welt, die diese missachtet und sogar ablehnt, aus.
Ausgehend von der Kernbedeutung des Begriffs „verfolgt sein“ kann Verfolgtwerden sowohl gewalttätige und extreme Formen annehmen als auch subtilere Formen, wie etwa Spott, Ablehnung, Marginalisierung und Ausgrenzung.
Die Seligpreisung Christi hilft uns hier auf verschiedene Weise. Erstens: Sie gehört uns. Wenn wir um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden und uns fragen, ob es das wert ist, können wir uns daran festhalten, dass uns das Reich der Himmel gehört. Zweitens ist sie eine Quelle der Freude, weil wir darin mit unserem Herrn identifiziert werden (Mt 10,25; Apg 5,41). Drittens ist sie ein Wegweiser, der uns auf dem Weg Jesu weiterführt. Der Weg des Kreuzes ist in der Schule Christi kein Wahlfach (Mt 10,24–25). Es gibt keinen anderen Weg zum Leben als den Weg des Kreuzes. Viertens lädt sie uns dazu ein, eine Bestandsaufnahme zu machen, falls wir keine Verfolgung erleben. Alle, die gottesfürchtig leben, werden Verfolgung erleiden (2Tim 3,12). Wir sollten auf der Hut sein, wenn die Welt nur Gutes über uns zu sagen hat (Lk 6,26). Wenn Verfolgung ausbleibt, dann kann das daran liegen, dass wir zu gut in diese Welt passen. Oder anders ausgedrückt: Es könnte bedeuten, dass wir die Jüngerschaft gegen die Bürgerschaft in dieser Welt eingetauscht haben.
Schließlich ist Verfolgung ein Zeugnis unserer Einheit mit Christus. In Philipper 3,8–11 berichtet Paulus, wie aus ihm, dem Verfolger, ein Verfolgter wurde, und wie er – obwohl er alles verlor, was ihm zuvor wichtig gewesen war – Christus gewann und die Gerechtigkeit, die auf dem Glauben beruht (Phil 3,9). Der Sinn bzw. das Ziel, weshalb man alles andere für Schaden erachtet, liegt darin, Christus zu erkennen und die Kraft von Christi Auferstehung, einhergehend mit der Gemeinschaft von Christi Leiden. Denn wir müssen Christi Tod gleichförmig werden, wenn wir Anteil an seinem Leben haben wollen. Einheit mit Christus bedeutet, an allem Anteil zu haben, was Christus zugehört, einschließlich der Ablehnung, der Verachtung und der Verfolgung, die ihm galten. Doch wenn wir Anteil an ihm haben, dann gehört uns wahrhaftig das Himmelreich. Und in diesem Wissen werden wir fähig sein, in Prüfungen mit Freude auszuharren und unsere Verfolger zu segnen (Jak 5,1 ; 1Petr 3,9).
Dieser Artikel wurde ursprünglich in der Zeitschrift Tabletalk veröffentlicht.