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„Gott gibt seinen Heiligen Geist im Überfluss“

Das Leben und Wirken des schottischen Reformators John Knox

Heute kann man sich wohl kaum vorstellen, dass Schottland vor 500 Jahren nicht mehr als ein Flecken auf der Landkarte war. Noch im 16. Jahrhundert konnte ein Schriftsteller Schottland mit Fug und Recht als einen Ort „in der letzten Ecke der Welt, abgeschottet von der Gesellschaft … fast gänzlich außer Reichweite der Menschheit“ beschreiben.

Dennoch verband Schottland zu Beginn des 16. Jahrhunderts eine Gemeinsamkeit mit dem Rest Europas. Die Kirche war zutiefst korrupt, geistlich arm und ihre Vorsteher moralisch todgeweiht. Um nur ein berüchtigtes Beispiel zu nennen: Der Erzbischof und Kardinal David Beaton legitimierte mindestens 14 Kinder als seine eigenen. So viel zum Zölibat in der Praxis. Die geistliche Unkenntnis zeigte sich auch darin, dass einige schottische Priester das Neue Testament für eine erst kürzlich von Luther verfasste Schrift hielten.

Diese Not war aber nicht nur auf die unteren Orden beschränkt. Während des Gerichtsprozesses gegen Thomas Forret im Jahre 1539 zog dessen Ankläger ein Buch aus der Tasche Forrets und rief: „Seht, er hat das Buch der Ketzerei im Ärmel, welches eine so große Verwirrung in der ganzen Kirche stiftet.“ Das „Hauptbeweismittel“ war eine Kopie des Neuen Testaments. Liest man zusätzlich noch das Bekenntnis des dem Prozess vorsitzenden Bischofs, so überrascht es wirklich nicht mehr, dass der tapfere Forret auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Der Bischof gestand nämlich: „Ich danke Gott dafür, dass ich niemals wusste, was das Alte und das Neue Testament war.“

In diesem Umfeld trat John Knox auf, um die schottische Kirche zu reformieren.

Natürlich geschah das nicht über Nacht. Und John Knox war auch nicht der erste schottische Reformator. Ihm ging eine Streitkraft von Helden des Glaubens voraus. Männer wie Forret, von denen einige ihr Leben für die Wiederherstellung der biblischen Wahrheit und der Kirche gegeben hatten. 1528 wurde Patrick Hamilton auf dem Scheiterhaufen verbrannt und 1546 wurde George Wishart (dem John Knox als Leibwächter gedient hatte) hingerichtet. Knox kam, um zu ernten, was andere gesät hatten. Seine Berufung war es, dieses im frühen Stadium befindliche Werk des Geistes Gottes zu sichern.

Geboren ungefähr zu einem Zeitpunkt zwischen 1513 und 1515 in Haddington (East Lothian) erhielt Knox, so wird berichtet, seine Schulausbildung zunächst vor Ort und dann an der Universität von St. Andrews. Er wurde Priester und kehrte als Notar und Tutor in seine Heimat zurück. Ein Bekehrungserlebnis ist uns wie auch im Falle Calvins nicht überliefert.

Grundsätzlich kann das Leben des Reformators in vier größere Abschnitte geteilt werden:

Gefangennahme und Versklavung

Nach Wisharts Märtyrertod kam Knox mit einigen seiner jungen Studenten nach St. Andrews und schloss sich 1547 der Gruppe der Reformer an, die nach der Ermordung von Kardinal Beaton in der dortigen Burg lebten. Als er zum Predigen berufen wurde, lehnte er ab, wurde aber praktisch dazu gedrängt, den Ruf der Burggemeinde anzunehmen und ihr Prediger zu werden. Doch schon nach wenigen Monaten wurde die Burg von französischen Schiffen in der St. Andrews Bay belagert. Knox und andere wurden gefangen genommen und für die nächsten anderthalb Jahre zu Galeerensklaven gemacht.

Karriere in England

1549 wurde Knox wieder freigelassen und machte sich auf den Weg nach England. Dort war er zunächst Leiter einer Gemeinde in Berwick, zog aber schon bald nach Newcastle. In den Tagen des jungen Königs Edward VI. wurde er dann königlicher Kaplan. Mit dem Umzug in den Süden wuchs auch sein Einfluss, nicht zuletzt aufgrund seines Beharrens auf dem „puritanischen“ Prinzip zur Regulierung des öffentlichen Gottesdienstes: Nur das, was in der Schrift explizit geboten wird, ist im Leben der Kirche auch vorgeschrieben. Paradoxerweise war es gerade der Presbyterianer Knox, der sich dafür einsetzte, dass die sogenannte „Schwarze Rubrik“ im Book of Common Prayer aufgenommen wurde. Diese besagt, dass das Niederknien zum Empfang der Kommunion kein Zeichen der Frömmigkeit, sondern lediglich eine praktische Form der Verabreichung sei.

Der Tod König Edwards im Jahre 1553 und die daraus resultierende Herrschaft Maria Tudors waren schwere Schläge für die reformierte Bewegung in England. Knox bezeichnete Maria Tudor mit sorgfältig gewählten Worten als die „götzendienerische Isebel“. Daraufhin suchte er auf dem europäischen Festland Zuflucht.

Leben auf dem Kontinent

Zwischen 1553 und 1559 führt Knox ein nomadisches Leben. Er verbrachte einige Zeit mit Calvin in Genf und bezeichnete es als „die vollkommenste Schule Christi … seit den Tagen der Apostel.“ Danach nahm er einen Ruf als Pastor einer englischsprachigen Gemeinde in Frankfurt am Main an. Doch dort kam es zu Schwierigkeiten bezüglich seiner Vision einer Kirche, die absolut dem neutestamentlichen Muster entsprechen sollte.

Nach einem weiteren Aufenthalt in Genf kehrte Knox 1555 wieder nach Schottland zurück, um die Arbeit der Reformation zu stärken. Insbesondere schottische Adlige, von denen er befürchtete, dass sie in der Gefahr stünden, mit Rom einen leichten Kompromiss zu schließen, suchte er hier zu ermutigen.

1556 heiratete Knox Marjory Bowes und kehrte wieder nach Genf zurück, wo er eine Gemeinde von etwa 200 Flüchtlingen betreute. Schon im darauffolgenden Jahr folgte er einer dringenden Einladung aus Schottland. Die für 1558 vorgesehene Heirat der jungen Maria Stuart, Königin von Schottland, mit dem französischen Thronerben schien Schottland für eine dauerhafte römisch-katholische Herrschaft zu bestimmen.

Auf Drängen Calvins unternahm Knox die durch Kriegsgebiete verlaufende und daher schwierige und gefährliche Reise nach Dieppe in Frankreich, nur um dort zu erfahren, dass Teile des schottischen Adels die Dringlichkeit der Situation nicht mehr verspürten. (Einige von ihnen befanden sich zu dem Zeitpunkt in Paris, um Vorbereitungen für die viel gefürchtete Hochzeit zu treffen). Knox reagierte darauf, indem er die „Lords der Kongregation“ drängte, ein gemeinsames Bündnis zu schließen. Dieser Bündnisschluss innerhalb der schottischen Frömmigkeit sollte zu einem Präzedenzfall werden.

Eine Kostprobe seiner Leidenschaft findet sich in einem Brief, den Knox im selben Jahr verfasste. Hier bittet er die Bevölkerung Schottlands eindringlich, das Evangelium nicht zu kompromittieren. Weiterhin erinnert er sie daran, dass sie sich für ihre Taten vor dem Richterstuhl Gottes verantworten müssen:

[Einige entschuldigen sich:] „Wir waren nur einfache Untertanen. Wir würden die Fehler und Verbrechen unserer Herrscher, Bischöfe und Geistlichen nicht wiedergutmachen (können). Wir riefen nach einer Reformation und wünschten dasselbe, aber die Brüder der Lords waren Bischöfe, ihre Söhne Äbte, und die Freunde der großen Männer hatten die Kirche im Besitz. Und so waren wir gezwungen, allem Gehorsam zu leisten, was sie verlangten.“ Ich sage, diese eitlen Ausreden werden Euch in der Gegenwart Gottes nichts nützen.

Rückkehr nach Schottland

Im Jahr 1558, als Englands „Bloody Mary“ starb und Elisabeth I. ihr auf den Thron folgte, suchte Knox eine sichere Heimreise durch England. Zu diesem Zeitpunkt war Knox jedoch als Herausgeber einer berüchtigten Polemik gegen weibliche Monarchen bekannt geworden. Ohne Calvins Wissen war die anonym veröffentlichte Schrift „First Blast of the Trumpet Against the Monstrous Regiment of Women” zunächst in Genf verbreitet. Knox wurde eine sichere Durchreise verweigert, weshalb er auf dem Seeweg nach Leith, dem Hafen Edinburghs, schließlich nach Hause zurückkehrte, wo er die wichtigste Phase seines öffentlichen Handelns beginnen sollte.

Dass Knox trotz seiner langen Abwesenheit von der Heimat in der Lage war, die Reformation in Schottland zu leiten, hatte mehrere Ursachen. So wurde sein Name mit den Helden der jüngsten Vergangenheit in Verbindung gebracht, seine Leiden bestätigten die Aufrichtigkeit seines Engagements, seine Erfahrung hatte ihn auf die Führung vorbereitet und schließlich fürchtete er aufgrund seiner Berufung „das Gesicht von niemandem“.

In seiner Geschichte der Reformation in Schottland gibt uns Knox einen lebhaften Bericht dieser Tage. Die berühmten, aber so häufig missinterpretierten Gespräche/Befragungen mit Maria Stuart deuten auf seine totale Hingabe zum Schriftprinzip. Wahrscheinlich führte gerade diese Hingabe zu einer schwindenden Unterstützung des Personenkreises, von dem er sich so viel erhoffte. In früheren Tagen hatte seine radikale Vision dem Adel noch Gelegenheit geboten, Schottland in die Zukunft zu führen. Viele zeigten jetzt jedoch nur wenig Interesse an einer Transformation von Nation und Kirche durch geistliches Leben. Treffend konstatiert ein moderner Gelehrter: „Die Sprache der Bündnistheologie wurde durch ein verführerischeres Bild ersetzt: das Gemeinwohl.“

Deutlich wurde dieser Wandel vor allem bei der Krönung des jungen Jakob VI. Zwar durfte Knox hier noch die Predigt halten, doch wurde die zeremonielle Salbung des Königs nach den alten Riten vom ehemaligen römisch-katholischen Bischof von Orkney vorgenommen. Die Rückkehr der Bischöfe in die Kirche (Kirk) machte sich also schon am Horizont bemerkbar.

Im Sommer 1572 war Knox nur noch ein Schatten seiner Selbst. So konnte er, geschwächt durch einen Schlaganfall, nicht mehr in der Kirche von St. Giles predigen. Nur selten predigte er noch im nahegelegenen Tolbooth. Im November desselben Jahres wurde bereits deutlich, dass seine Tage gezählt waren. So bat er am 24. November 1572 seine Frau ihm 1. Korinther 15 vorzulesen. Etwa um 17 Uhr kam seine letzte Bitte: „Lies, wo ich meinen ersten Anker geworfen habe.“ Sie las Johannes 17. Noch vor Tagesende war Knox bereits heimgegangen.

In tiefer Dankbarkeit Gott gegenüber schrieb Knox über die von ihm vollbrachte Arbeit die folgenden Worte:

„So berührend die von unseren Amtsträgern gelehrte Lehre und … die in unseren Kirchen verwendete Sakramentsausübung auch war, so müssen wir doch mutig behaupten und bestätigen, dass es zum heutigen Tage auf dem Antlitz dieser Erde kein Reich gibt, das sie in größerer Reinheit hat. Ja (wir müssen die Wahrheit sprechen, wen auch immer wir damit zum Anstoß sein sollten), es gibt keines … das sie in der gleichen Reinheit hat.“

Es gibt heute eine Reihe von Erklärungsansätzen für den Einfluss von John Knox und in dem Zusammenhang auch über die Reformation in Schottland. Zweifellos waren viele Faktoren in der Vorsehung Gottes am Werk, die so eine geistliche Erneuerung herbeiführten. Knox selbst war von Folgendem überzeugt: „Gott gibt seinen Heiligen Geist den einfachen Menschen in großem Überfluss“. Darin liegt die größte Lektion aus seinem Leben.


Dieser Artikel wurde ursprünglich auf der Website von Ligonier veröffentlicht.

Sinclair B. Ferguson
Sinclair B. Ferguson
Sinclair B. Ferguson ist Professor für Systematische Theologie am Reformierten Theologischen Seminar (USA). Er diente lange als Hauptpastor der ersten presbyterianischen Kirche in Columbia (South Carolina, USA).