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Was hilft, wenn unserem Glaubensleben Frucht fehlt?

Laut dem Westminster-Bekenntnis dürfen Christen „gewiss versichert sein, dass sie im Stand der Gnade sind“ (18.1). Diese „unfehlbare Gewissheit des Glaubens“ basiert auf folgenden drei Gedanken:

  1. „die göttliche Wahrheit der Verheissung des Heils“
  2. „den inneren Erweis der Gnadengaben, auf die sich jene Verheissungen erstrecken“
  3. „das Zeugnis des Geistes der Adoption, der unserem Geist Zeugnis gibt, dass wir Kinder Gottes sind“ (18.2).

Das Verständnis von „fester“ und „unfehlbarer“ Gewissheit hebt sich vom Hintergrund römisch-katholischer Sichtweisen aus dem Mittelalter und nachreformatorischer Zeit ab. Diese lähmten die Kirche mit einer bestenfalls mutmaßlichen „Gewissheit“, die sich auf eine rigoros einzuhaltende sakramentale Zwangsjacke abstützte. Wenige verkörperten den Kontrast so augenfällig wie Kardinal Robert Bellarmin (1542–1621), persönlicher Theologe von Papst Clemens VIII und der fähigste Führer der Gegenreformation. Bellarmin bezeichnete die protestantische Lehre über die Gewissheit als „größte aller Irrlehren“. Was konnte einer Lehre von werksorientierten, durch Priester vermittelten Rettung gegenüber auch brüskierender sein als die Möglichkeit, Heilsgewissheit ohne Werke und Priester zu erlangen? Wenn Christen Gewissheit des ewigen Lebens ohne Bindung an kirchliche Rituale erhielten, was anderes als ein radikaler Antinomismus (der Glaube, dass Gottes Gebote optional sind) könnte dann die Folge sein?

Aber zurück zu den Westminster Theologen – was verstanden sie darunter, dass unsere Gewissheit auf den inneren Erweis „gegründet“ sei? Diese Annahme basiert auf zwei Prämissen und einer daraus gezogenen Schlussfolgerung:

  • Prämisse 1: Wahrhaft Gläubige lassen die Frucht des Geistes erkennen.
  • Prämisse 2: Die Frucht des Geistes ist in mir präsent.
  • Conclusio: Ich bin eine echte gläubige Person.

Es liegt wohl auf der Hand, dass die Subjektivität dieses Arguments mit Schwierigkeiten behaftet ist. Während die Tatsache der Errettung objektiv auf dem Werk von Jesus Christus beruht, basiert die Tatsache der Gewissheit objektiv auf Gottes Zusagen und subjektiv auf unserem Entdecken, dass sich diese Zusagen in uns bewahrheiten. Letzteres jedoch kann zu Problemen führen.

Theologen unterscheiden zwischen einem direkten und einem reflektierten Glaubensakt. Direkter Glaubensakt: Ich glaube, dass Jesus Christus mich retten kann. Reflektierter Glaubensakt: Ich bin überzeugt, dass ich geglaubt habe. Ohne die erste Bedingung – nämlich, dass Jesus Christus retten kann UND will – kommt keine Glaubensgewissheit zustande. In anderen Worten: Ohne von der Wahrheit der Aussage überzeugt zu sein, dass Christus für immer diejenigen retten kann, „die durch ihn zu Gott kommen“ (Heb 7,25), ergibt jede weitere Diskussion über Gewissheit keinen Sinn.

Wenn wir als verankerte Tatsache davon ausgehen, dass Jesus Christus glaubende Personen retten kann und will, wie kann ich dann aber sicher sein, dass ich über diesen Glauben verfüge? Die neutestamentliche klare Antwort darauf lautet: Es gibt den „Glaubensgehorsam“ (Röm 1,5; 16,26). Wahrer Glaube zeigt sich äußerlich und wird berührbar. Anders ausgedrückt, verbindet das Neue Testament Treue mit der Freude der Gewissheit. Gläubige Menschen lassen Geistesfrucht messbar erkennen.

Vier Prüfkriterien für die Echtheit des Glaubens

Der Apostel Johannes behandelt dieses Thema in seinem ersten Brief: „Das habe ich euch geschrieben, damit ihr wisst, dass ihr das ewige Leben habt, die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes“ (1Joh 5,13). Ohne den „Glauben an den Namen des Sohnes Gottes“ macht eine Diskussion über Gewissheit keinen Sinn. Daraus ergibt sich die Frage: „Wie kann ich wissen, ob mein Glaube echt ist?“ Die Antwort von Johannes darauf unterstreicht vier moralische Charakteristika des christlichen Lebens.

Erstens gibt es einen Gehorsam gegenüber den Geboten Gottes. „Daran erkennen wir, dass wir Gottes Kinder lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten. Denn das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer“ (1Joh 5,2-3). Wahrer Glaube ist nicht antinomisch und kann es niemals sein.

Zweitens gibt es in die Tat umgesetzte Rechtschaffenheit: „Wenn ihr wisst, dass er gerecht ist, so erkennt ihr auch, dass, wer recht tut, der ist von ihm geboren“ (1Joh 2,29). Wer echten Glauben hat, lebt ihn vor und lässt erkennen, dass sein Leben durch den Glaubensgehorsam geformt und gestaltet wird. Solche Menschen zeigen ein Verlangen nach Frömmigkeit.

Drittens gibt es eine radikale Abkehr vom früheren Leben. Johannes drückt dies radikal aus: „Wir wissen, dass, wer von Gott geboren ist, der sündigt nicht“ (1Joh 5,18; vgl. 3,6; 3,9). Die Erklärung dieser zugegebenermaßen schwierigen Sprache sprengt den Rahmen unserer Diskussion. Trotzdem dürfte es klar genug sein, dass wahrer und echter Glaube unvereinbar ist mit einem fortgesetzten sündigen Verhaltensmuster aus dem früheren Leben im Unglauben.

Viertens gibt des den in Liebe geführten Lebenswandel: „Wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben gekommen sind; denn wir lieben die Brüder. Wer nicht liebt, der bleibt im Tod. […] wer liebt, der ist von Gott geboren und kennt Gott“ (1Joh 3,14; 4,7). Unsere Brüder und Schwestern zu lieben, liegt Johannes sehr am Herzen. Nach der Überlieferung soll der ältere Apostel in Ephesus, getragen in den Armen seiner Jünger, wiederholt gesagt haben: „Meine lieben Kinder, liebt einander.“ Auf die Frage, weshalb er dies stets wiederhole, soll Johannes geantwortet haben: „Es ist der Befehl des Herrn. Und wenn es getan wird, ist es genug.“

Diese vier Nachweise tragen also gemeinsam zur Gewissheit bei, dass unser Glaube an Christus echt ist. Was aber, wenn ich diese äußeren Kennzeichen in mir selbst nicht wahrnehmen kann und mich frage, ob sie fehlen? Muss ich dann den Schluss ziehen, dass mein Glaube geheuchelt oder unaufrichtig ist? Das ist in der Tat eine mögliche Schlussfolgerung. Aber sie trifft nicht notwendigerweise zu, denn unsere Bewertung des Glaubensnachweises anhand der vier besprochenen Merkmale kann fehlerhaft sein. Vielleicht sind wir zu hart mit uns selbst. Oder wir stellen in Frage, was andere an uns einwandfrei zu erkennen vermögen. Satan kann unser Denken vernebeln. Der Mangel an Beständigkeit kann uns dazu führen, dass wir denken, es gäbe überhaupt keine Klarheit. Persönlichkeit und Veranlagung können unsere Einschätzungen negativ färben, während eine objektivere Betrachtung zu einer anderen Schlussfolgerung führen würde. Und trotzdem besteht ja die Möglichkeit, dass unser Glaube unaufrichtig ist. Was nun?

Glaube an Beweise oder Glaube an Christus?

Genau hier zeigen sich die Unterschiede in der Seelsorge. Ein vorschneller Rat könnte lauten: „Gib dir mehr Mühe.“ Das erinnert mich sofort an die jährlichen Schulzeugnisse: „Könnte es besser machen.“ Jemand, der aufgrund unbeständigen Verhaltens an der Echtheit seines Glaubens zweifelt, müsste sich folglich bemühen, „konsequenter“ zu sein: mehr in der Bibel lesen, inbrünstiger beten, mit mehr Altruismus lieben und so weiter. Aber wohin führt solcher Ratschlag? Es ist zu bezweifeln, ob jemand mit einer Neigung zur negativen Beurteilung seiner Geistesfrüchte allein durch noch höhere Anstrengung zu einer besseren Beurteilung kommt. Aber noch wichtiger ist, dass ein solcher Ratschlag das fatale Risiko birgt, die Frucht des Glaubens als Wurzel des Glaubens zu verkennen. „Gib dir mehr Mühe“ appelliert allem voran an etwas fest in uns Verdrahtetes: Selbstrechtfertigung.

Sich mehr Mühe zu geben, führt als Rat auf den Weg zur Gesetzlichkeit im wahren Sinn dieses Wortes. Denn dieser Ratschlag stützt sich auf die Annahme, dass nicht der „innere Erweis“, sondern Werke Glaubensgewissheit zu vermitteln mögen. In seinem Buch The Whole Christ beschreibt Sinclair B. Ferguson eine „Evangeliumslogik“ in dem Sinne, dass es „keine Glaubensgewssheit gibt, die außerhalb des Glaubens erlebt werden kann“.

Und hier zeigt sich ein zunächst wenig intuitiv erscheinender Rat an Personen, denen es an Gewissheit mangelt. Sich auf Werke und den Ratschlag „mehr zu tun“ zu verlassen, um Gewissheit zu erlangen, ist durchwegs kontraproduktiv und pastoral tödlich. Nur Christus kann uns retten, und fehlende Gewissheit gewinnt, wer auf Jesus schaut. Außerhalb dem Glauben an Jesus Christus kann uns kein eigenes Werk Glaubensgewissheit vermitteln; eigene Werke führen uns nur ins Pharisäertum.

Dieser Ratschlag hat nichts mit Laxheit zu tun, sondern er will das Verständnis untermauern, dass der Glaube zum Gehorsam führt, nicht Gehorsam zum Glauben. Der Unterschied ist gewaltig. Das eine führt zu Gesetzlichkeit, das andere zu überzeugenden Taten auf der Basis des Evangeliums.

In Christus bleiben

Ist nicht gerade dieser Ratschlag, zuerst zu Jesus aufzublicken, was er zum Abschied seinen Jüngern im Obersaal sagte?

„Bleibet in mir, und ich [bleibe] in euch! Gleichwie die Rebe von sich selbst keine Frucht bringen kann, wenn es nicht am Weinstock bleibt, also auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibet. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben; wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts tun“ (Joh 15,4–5). Das Fruchtbringen setzt Jesus mit dem Halten seiner Gebote gleich (Joh 15,10) und ist tief mit dem In-ihm-bleiben verbunden. Frucht wächst nicht außerhalb, sondern innerhalb dieser Sphäre des In-Jesus-Verbleibens.

Fehlt unserem Glaubensleben solche Frucht, gibt es nur ein Mittel: zu Jesus Christus zurückzukehren und sich an der Gemeinschaft mit ihm – jawohl! – zu erfreuen. „Bei allem ist das, was uns antreibt, die Liebe von Christus“ (2Kor 5,14, NGÜ). Das hier mit „antreiben“ übersetzte griechische Verb wird auch mit „drängen“ oder „einschließen“ wiedergegeben (Luk 8,45; 19,43). Genau dies bewirkt unser Bleiben in Christus: es schließt uns zum Gehorsam ein. Aus einer solch gnädigen Liebe entsteht unsere Übereinstimmung mit seinen Geboten. Ungehorsam treibt Ihn fort. Aber wenn wir uns an seiner Gegenwart erfreuen, wünschen wir uns auch, ihm wohlzugefallen (2Kor 5,9). Und wie wir aus dieser Gemeinschaft heraus Frucht bringen, so wächst auch unsere Gewissheit.


Dieser Artikel wurde ursprünglich auf der Website von Ligonier veröffentlicht.

Derek W. H. Thomas
Derek W. H. Thomas
Derek Thomas ist leitender Pastor der First Presbyterian Church in Columbia, S.C. (USA), und Professor für systematische und pastorale Theologie am Reformed Theological Seminary.